FINANZANLAGENVERMITTLERVERORDNUNG 2020

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur neuen FinVermV

Quelle: Wirth-Rechtsanwälte

Mit den Änderungen der FinVermV zum 1.8.2020 werden vor allem zusätzliche Wohlverhaltenspflichten aufgenommen beziehungsweise bestehende Regelungen an Anfang 2018 in Kraft getretenen Vorgaben der Mifid II angepasst. Zudem kommt es zu redaktionellen Angleichungen der FinVermV an die Formulierungen der seit 20.12.2018 neu gefassten Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV).

Der neuen FinVermV ist möglicherweise nur eine kurze Existenz gegönnt. Denn die Regelungen der FinVermV sollen mittelfristig in das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) übernommen werden. Damit soll eine Übertragung der derzeitigen Zuständigkeit für die Erlaubniserteilung und Aufsicht weg von den Industrie- und Handelskammern sowie Gewerbeämtern hin zur Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) verbunden sein.

Nachfolgend eine Zusammenfassung der wesentlichen Änderungen zum 1. August 2020:

Vermögensschadenhaftpflichtversicherung

Die Versicherungssumme der verpflichtenden Vermögensschadenhaftpflichtversicherung wird vorerst dauerhaft auf 1.276.000 Euro je Versicherungsfall und 1.919.000 Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres festgeschrieben. Die bisherige Anpassungsklausel entfällt.

“Bestmögliches Interesse”

In Anpassung an § 63 WpHG wird in § 11 FinVermV-neu klargestellt, dass die Tätigkeit des Finanzanlagenvermittlers nunmehr im “bestmöglichen Interesse” des Anlegers ausgeübt werden muss. Bisher hieß es nur, dass der Gewerbetreibende verpflichtet ist, seine Tätigkeit mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse des Anlegers auszuüben.

In Anwendung bei der FondsKonzept

Interessenkonflikte müssen erkannt und vermieden werden
Über etwaige Interessenkonflikte werden ihre Kunden in der Rahmenvereinbarung hingewiesen.

Interessenkonflikte generell

Finanzanlagenvermittler müssen künftig angemessene Maßnahmen treffen, um Interessenkonflikte zu erkennen und zu vermeiden. Bereits bisher musste der Anleger rechtzeitig vor Abschluss eines Geschäfts auf Interessenkonflikte hingewiesen werden. Inwieweit die nach der bisherigen Rechtslage von einem Unternehmen getroffenen Maßnahmen zur Identifizierung und zum Umgang mit etwaigen Interessenkonflikten den neuen Anforderungen genügen, ist schwer absehbar. Klar ist, dass nun auf Dauer wirksame organisatorische und verwaltungsmäßige Vorkehrungen getroffen und dokumentiert werden müssen. Die Versicherungsvermittlungsverordnung enthält mit § 14 eine identische Regelung zur Erkennung, Vermeidung und gegebenenfalls Offenlegung von Interessenkonflikten. Für Vermittler, die zugleich eine Erlaubnis nach § 34d GewO besitzen, dürfte daher kein zusätzlicher Aufwand entstehen, da davon auszugehen ist, dass sie die Maßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten für beide Geschäftsbereiche gleichermaßen umgesetzt haben.

Interessenkonflikte und Vergütung

Sofern sich Interessenkonflikte im Vorfeld nicht vermeiden lassen, sind Vorkehrungen zu treffen, damit sie nicht auf den Anleger durchschlagen. Dies betrifft insbesondere auch Interessenkonflikte, die durch die Gewährung und/oder die Entgegennahme von Zuwendungen oder durch andere Anreize oder die bestehende Vergütungsstruktur entstehen können. Mitarbeiter dürfen nicht in einer Weise vergütet oder bewertet werden, die mit ihrer Pflicht kollidiert, im bestmöglichen Kundeninteresse zu handeln. Insbesondere dürfen keine Vereinbarungen über Vergütung und Verkaufsziele getroffen werden, die Mitarbeiter dazu verleiten könnten, einem Anleger eine bestimmte Finanzanlage zu empfehlen, obwohl sie eine andere Anlage empfehlen könnten, die den Bedürfnissen des Anlegers besser entspricht.

In Anwendung bei der FondsKonzept

Zuwendungen bzw. Provisionen bleiben grundsätzlich erlaubt
Der Erhalt von Zuwendungen wird durch unsere Beratungsmappe (EX-Ante) im MSC ausgewiesen. Zusätzlich können Sie Leistungen und Gegenleistungen in der Rahmenvereinbarung festhalten.

Ex-post-Kosteninformation

Sofern zwischen dem Finanzanlagenvermittler und dem Anleger eine laufende Vertragsbeziehung besteht (was normalerweise der Fall ist), muss der Vermittler dem Anleger nun regelmäßig, mindestens aber einmal im Jahr einen Nachweis über die Höhe der damit verbundenen Kosten zur Verfügung stellen. Der Vermittler kann dazu die ihm vom Emittenten oder dem depotverwaltenden Institut zur Verfügung gestellten Kosteninformationen verwenden. Aktuell ist noch nicht klar, wie die Pflicht zur Ex-post-Kosteninformation technisch und organisatorisch umgesetzt werden soll. Die Depotbanken unterliegen der gleichen Informationspflicht. Inwieweit die Pflichten der Finanzanlagenvermittler und der Depotbanken zur Ex-post-Information durch eine gemeinsame Information gegenüber dem Anleger erfüllt werden können, um Doppelinformationen zu vermeiden, ist derzeit noch nicht abschließend geklärt.

Detailfragen dazu werden hier erörtert.

Detailfragen

In Anwendung bei der FondsKonzept

EX-ante-Kostenausweis muss vor Abschluss des Geschäftes erfolgen
Unsere Beratungsstrecke im MSC beinhaltet alle notwendigen Kostenausweise, diese werden ihren Kunden in der Beratungsdokumentation mit ausgewiesen.

EX-Post-Kostenausweis, regelbasierter (min. 1x p.a.) während der Anlagelaufzeit muss erfolgen
Die EX-Post-Kostenausweise werden durch die depotführende Stelle in PDF Format ausgewiesen. Zusammen mit dem MSC werden individuelle Vereinbarungen wie die Servicegebühr ergänzt und den Kunden im Postfach/Dokumentenarchiv des Kundenservicecenters zur Verfügung gestellt.

Geeignetheitsprüfung und Zielmarkt

In diesen Paragrafen wird ein neuer Absatz 3b mit der Verpflichtung eingeführt, den vom Produktgeber bestimmten Zielmarkt zu berücksichtigen und mit dem jeweiligen Anleger abzugleichen. Hierfür müssen alle erforderlichen Informationen zum Zielmarkt des Produktgebers beschafft werden und die Merkmale der jeweiligen Finanzanlage sowie der Zielmarkt verstanden werden. Es muss die Vereinbarkeit der Finanzanlage mit den Bedürfnissen des Anlegers beurteilt und sichergestellt werden, dass nur eine Finanzanlage empfohlen wird, wenn dies im Interesse des Anlegers ist. Dabei darf in – gut begründeten – Ausnahmefällen eine Anlage auch außerhalb des Zielmarktes vertrieben werden. Dies kann unter dem Gesichtspunkt der Diversifizierung sogar im bestmöglichen Interesse des Anlegers sein.

In Anwendung bei der FondsKonzept

Finanzanlagen dürfen nur innerhalb des Zielmarktes vertrieben werden
Unsere Beratungsstrecke im MSC gewährleistet die Finanzanlage innerhalb des Zielmarktes und macht Sie auf Zielmarktkonflike in der Beratung aufmerksam.

Qualität der Finanzdienstleistung

Die Annahme und Gewährung von Zuwendungen darf sich zudem nicht nachteilig auf die Qualität der erbrachten Finanzdienstleistung auswirken. Darüber hinaus wird konkretisiert, dass eine Zuwendung nicht die Verpflichtung beeinträchtigen darf, im bestmöglichen Interesse des Anlegers ehrlich, redlich und professionell zu handeln. Unter den genannten Voraussetzungen ist die Annahme von Zuwendungen auch weiterhin zulässig. Dies ist eine der wichtigsten Klarstellungen der FinVermV-neu. Im Gesetzgebungsverfahren war lange die Möglichkeit in der Diskussion, ein Provisionsverbot analog § 70 WpHG einzuführen, wonach jede Zuwendung in Qualitätsverbesserung für den Kunden investiert werden muss.

Geeignetheitserklärung

Das bisher anzufertigende Beratungsprotokoll wird durch die Geeignetheitserklärung ersetzt. Dieses ist dem privaten Anleger bei einer Anlageberatung vor Abschluss des Vertrages auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Die Verpflichtung, dem Anleger regelmäßige Geeignetheitsberichte zur Verfügung zu stellen, besteht jedoch nur in den Fällen, in denen der Gewerbetreibende dem Anleger eine regelmäßige Beurteilung der Geeignetheit der empfohlenen Finanzanlagen angeboten hat. Das entspricht dem Inhalt des § 7b Versicherungsvertragsgesetz zu Versicherungsanlageprodukten.

In Anwendung bei der FondsKonzept

Die Geeignetheitsprüfung wird das Beratungsprotokoll ersetzen
Unsere Beratungsstrecke im MSC stellt Ihnen die Geeignetheitsprüfung zur Verfügung, diese ist in der Beratungsmappe integriert.

Taping

Hierbei handelt es sich um die am meisten diskutierte Änderung, deren Sinn und Praktikabilität sehr in Frage steht. Die Bundesregierung setzt sich in Brüssel bereits dafür ein, dass diese Verpflichtung wieder abgeschafft wird. Aufzeichnungspflichtig sind Telefongespräche und sonstige elektronische Kommunikation (also auch Videogespräche, Skype etc.), sobald sie sich auf die Vermittlung von oder die Beratung zu Finanzanlagen beziehen. Um das zu gewährleisten, sind entsprechende technische Vorkehrungen zu treffen. Selbstverständlich ist der Kunde vor der Aufzeichnung hierüber zu informieren und sein Einverständnis einzuholen. Sollte der Kunde sein Einverständnis verweigern, darf eine Beratung oder Vermittlung auf diesem Wege nicht stattfinden. Die Aufzeichnungen müssen revisionssicher gespeichert werden.

Detailfragen zum Taping werden hier erörtert.

In Anwendung bei der FondsKonzept

Taping, Aufzeichnung telefonischer Beratungs- und Vermittlungsgespräche sowie die Archivierung elektronischer Kommunikation
Unser FinanceCloud stellt ein Archivierungssystem zur Verfügung, welche eine Gesprächsaufzeichung über die App/Mobil und über FinanceScreen (PC) zur Verfügung stellt. Die Gesprächsaufzeichnung für Festnetz findet über die Einbindung der SipeGate-Schnittstelle statt.

Aufbewahrungspflichten

Die bisherige Pflicht des Gewerbetreibenden, Unterlagen und Aufzeichnungen auf einem dauerhaften Datenträger fünf Jahre aufzubewahren, wird auf zehn Jahre verlängert. Sie erstreckt sich nun auch auf die Aufzeichnungen von Telefongesprächen und elektronischer Kommunikation. Cloud-Lösungen sind möglich.

Ordnungswidrigkeiten

Die Liste der möglichen Ordnungswidrigkeiten nach FinVermV wird erweitert, unter anderem um unterlassene Änderungsmitteilungen im Vermittlerregister.

Fazit

Die Umsetzung der neuen Vorgaben ist machbar, wenn auch teilweise mit Aufwand und zusätzlicher Bürokratie verbunden. Die Geeignetheitserklärung scheint eine Vereinfachung im Vergleich zur Beratungsdokumentation darzustellen. Die Regelungen zum Taping und zu den Aufbewahrungspflichten bedeuten dagegen Mehraufwand. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Pläne zum Aufsichtswechsel und der Eingliederung in das Regime des WpHG entwickelt. Diese erscheinen jedenfalls weitreichender für die unabhängigen Finanzanlagenvermittler als die vorliegende neue FinVermV.

Sonderwebinar | Ex-Ante-Kosteninformationen – Erklärung und Darstellung

Referenten: Falk Siedelmann (Vertriebsmanager Nord/West FondsKonzept AG) & Thomas Brosche (Vertriebsmanager Süd/Ost FondsKonzept AG)
Norman Wirth (Wirth Rechtsanwälte)

Aufzeichnung
Präsentation
F & Q

Sonderwebinar | FinVermV-ready – Fakten und Lösungen!

Referenten: RA Daniel Berger (WirthRechtsanwälte) & Thomas Brosche (Vertriebsmanager Süd/Ost Fondskonzept AG)

Aufzeichnung Webinar
Präsentation

Sonderwebinar | Praktische Umsetzung der Aufzeichnungspflicht von telefonischen Beratungen ab 1.8.2020

Referenten: Thomas Brosche (Vertriebsmanager Süd/Ost Fondskonzept AG) & Marc Reif (MSC-Support-Team)

Aufzeichnung Webinar
Präsentation

Alles zum Taping

Die Aufzeichnungspflicht für Telefongespräche (das sogenannte Taping) ist die wohl am kontroversesten diskutierte Neuerung in der novellierten Finanzanlagevermittlungsverordnung (FinVermV).

Kosteninformationen

Die Kosteninformationspflichten werden sich mit der neuen FinVermV erheblich verschärfen. Bislang fristet dieser Themenbereich eher ein Schattendasein.

Arbeit mit dem Zielmarkt

Mit der Mifid II wurde unter dem Schlagwort Product Governance ein völlig neues Instrument zur Vertriebssteuerung eingeführt.

Alles zu den Dokumentationspflichten

Die Dokumentationspflichten werden mit der neuen FinVermV umgekrempelt. Wichtigste Neuerung ist die Geeignetheitserklärung

FINVERMV

Alles zum Taping nach der neuen FinVermV

Die Aufzeichnungspflicht für Telefongespräche (das sogenannte Taping) ist die wohl am kontroversesten diskutierte Neuerung in der novellierten Finanzanlagevermittlungsverordnung (FinVermV). Bereits seit Inkrafttreten von MiFID II im Januar 2018 besteht für Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit KWG-Zulassung die Taping-Pflicht. Deren Erfahrungen zeigen, dass hiermit ein administrativer und finanzieller Mehraufwand verbunden ist, dem kaum ein nennenswerter Vorteil für die Kunden gegenübersteht. Viele Kunden fühlen sich sogar entmündigt oder möchten aus persönlichen Gründen nicht aufgezeichnet werden. Man kann sich durchaus fragen, weshalb das Taping dann überhaupt den Weg in die neue FinVermV gefunden hat, zumal für Face-to-Face-Gespräche weiterhin keine Aufnahmepflicht besteht. Dies hat primär rechtliche Gründe. Denn die MiFID II schreibt vor, dass bestimmte Vorschriften aus dem Regelwerk zwingend auch für Finanzanlagenvermittler mit Zulassung nach § 34 f Gewerbeordnung umgesetzt werden müssen. Und hierzu zählen nach Auffassung des deutschen Verordnungsgebers eben auch die Taping-Vorgaben. Auch dies kann man rechtlich durchaus hinterfragen. Nichtsdestotrotz werden die unabhängigen Finanzanlagenvermittler wohl oder übel nun mit der Tapingpflicht leben müssen. Die Aufzeichnungen dienen als (vollwertiges) Beweismittel – und zwar sowohl gegenüber der Gewerbeaufsicht als auch in einem Haftungsprozess mit dem Kunden, dem die Aufnahme auf Anforderung zur Verfügung zu stellen ist. Dementsprechend muss der Kunde vor der ersten Aufnahme einmalig aufgeklärt werden, dass eine Aufzeichnung erfolgt und diese 10 Jahre gespeichert wird. Überraschenderweise fordern aber weder die FinVermV noch die ergänzend anwendbare Delegierte EU-Verordnung, dass der Kunde auch über seinen Herausgabeanspruch aufzuklären ist.

Aufzuzeichnen sind alle Telefonate, die „sich auf die Vermittlung von oder die Beratung zu Finanzanlagen beziehen“. Es kommt also darauf an, ob der Gesprächsinhalt rechtlich als Teil einer Vermittlung oder Beratung zu werten ist. Dies ist im Grundsatz immer dann der Fall, wenn in dem Gespräch konkrete Kapitalanlagen thematisiert werden. Hieraus folgt, dass Telefonate, die eine bestimmte Anlage zum Gegenstand haben, auch dann aufzuzeichnen sind, wenn noch eine nachfolgende Face-to-Face-Beratung stattfindet, in welcher der Kunde das Geschäft erst abschließt. Umgekehrt sind bloße Terminabsprachen oder allgemeine Ausführungen zum Marktgeschehen ohne konkreten Produktbezug nicht aufzeichnungspflichtig. Meistens hilft diese Erkenntnis aber wenig, da der Inhalt eines Telefonats im Voraus häufig nicht feststeht, sich das Gespräch vielmehr in eine bestimmte Richtung entwickeln kann.

Vor dem dargestellten Hintergrund ist es jedoch möglich, generell auf eine telefonische Vermittlung oder Beratung zu verzichten und so ganz aus der Taping-Pflicht rauszukommen. Dies muss dann aber konsequent durchgehalten werden und sollte unbedingt in internen Grundsätzen dokumentiert werden. Nach neuer Rechtslage müssen solche Grundsätze für das Taping ohnehin erstellt werden. Die Dokumentation dient als Nachweis für den Wirtschaftsprüfer bzw. die Gewerbeaufsicht. Darin sollte auch aufgezeigt werden, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um das gewählte Vorgehen in der Praxis auch tatsächlich einzuhalten (z.B. Schulung und Kontrolle von Mitarbeitern).

Nein, der explizit erklärte Kundenwille geht vor. Wer darin einen Weg sieht, das Taping zu umgehen, etwa indem er sich eine entsprechende Erklärung des Kunden unterzeichnen lässt, muss aber leider enttäuscht werden. Bei einem Kundenwiderspruch sind Vermittlungs- oder Beratungsgespräche am Telefon verboten. Die Vermittlung oder Beratung kann also nur noch in einem persönlichen Face-to-Face-Gespräch erfolgen.

Im Grundsatz gilt, dass das gesamte Telefonat von Anfang bis Ende aufzuzeichnen ist. Ungeklärt ist hingegen, was passiert, wenn hier auch Nicht-Anlageprodukte oder Privates besprochen werden. So besteht bei der Versicherungsvermittlung weiterhin keine Taping-Pflicht. Mehr noch: Im Zweifel ist eine Aufnahme hier sogar aus datenschutzrechtlichen Gründen unzulässig. Leider haben sowohl der europäische Gesetzgeber der MiFID II als auch der deutsche Verordnungsgeber es versäumt, dieses Spannungsfeld hinreichend aufzulösen. Bis zu einer abschließenden Lösung kann Vermittlern nur geraten werden, auch in solchen Fällen das gesamte Gespräch aufzuzeichnen. Ein etwaiger Verstoß gegen das Datenschutzrecht stellt das kleinere Übel dar, aus dem sich wegen des bestehenden Spannungsverhältnisses ein schuldhaftes Fehlverhalten des Vermittlers kaum herleiten lassen wird.

Es ist dringend davon abzuraten, gebotene Aufzeichnungen zu unterlassen. Die aufsichtsrechtlichen Folgen sind zwar im Zweifel verkraftbar. Sie stellen sich nicht anders dar, als bei Verstößen gegen andere Pflichten der FinVermV. Beim Taping kommt aber die oben erwähnte Beweiswirkung in einem zivilrechtlichen Haftungsprozess mit dem Anleger hinzu. Sofern der Vermittler/Berater eine von ihm vorzuhaltende Aufnahme nicht vorlegen kann, wird dies vom Gericht im Zweifel als Beweisvereitelung gewertet. Folge ist, dass die Behauptung des Anlegers, er sei in dem Telefonat fehlerhaft aufgeklärt oder beraten worden, als bewiesen gilt. Der Finanzdienstleister verliert also den Prozess, auch wenn er tatsächlich ordnungsgemäß beraten hat.

FINVERMV

Kosteninformationen nach FinVermV

Die Kosteninformationspflichten werden sich mit der neuen FinVermV erheblich verschärfen. Bislang fristet dieser Themenbereich eher ein Schattendasein. Finanzanlagenvermittler müssen ihre Kunden bisher nur einmalig vorab (ex ante) über die Kosten der Finanzanlage informieren. Dabei genügt grundsätzlich die Angabe der Gesamtkosten, lediglich die Provisionen des Finanzanlagenvermittlers müssen gesondert in Euro und Cent ausgewiesen werden. Die novellierte FinVermV macht hingegen weitaus mehr Vorgaben. So tritt neben die ex-ante-Kosteninformationspflicht in bestimmten Fällen eine Ex-post-Informationspflicht, der Kunde ist dann auch nach Erwerb der Anlage wiederkehrend über die laufenden Kosten in Kenntnis zu setzen (mindestens einmal jährlich). Sowohl bei den Ex-ante-Kosten als auch bei einer etwaigen Ex-post-Informationspflicht bestehen detaillierte Vorgaben darüber, was dem Kunden konkret offenzulegen ist:

  • Eine Ausweisung lediglich der Gesamtkosten genügt nicht mehr. Vielmehr bedarf es zusätzlich einer Aufgliederung in weitere Kostenpositionen, und zwar mindestens in Finanzdienstleistungskosten (hierunter fallen insbesondere Provisionen) und Produktkosten.
  • Innerhalb dieser Kostenpositionen ist sodann weiter aufzugliedern in Initialkosten, laufende Kosten und Ausstiegskosten.
  • Die Kosten müssen dabei sowohl in Euro als auch in Prozent angegeben werden.
  • Zudem sind dem Kunden die Auswirkungen der Kosten auf die Rendite aufzuzeigen.

Bei der Ex-ante-Informationspflicht stellt sich mitunter das Problem, dass die Kosten vorab noch nicht endgültig beziffert werden können. In diesem Fall ist es zulässig, aber auch erforderlich, die Ausweisung auf Basis einer Schätzung vorzunehmen.

Da die wenigsten Finanzanlagenvermittler über ausreichende Kapazitäten verfügen, die Kosten aller von ihnen vertriebenen Finanzanlagen nach den strengen Vorgaben zu berechnen und auszuweisen, stellt sich die Frage, ob hierfür auf die vom Emittenten oder der Depotbank bereitgestellten Kosteninformationen zurückgegriffen werden kann. Erfreulicherweise ist dies zu bejahen. Die novellierte FinVermV bestimmt ausdrücklich, dass sowohl die Ex-ante- als auch die Ex-post-Informationspflicht des Vermittlers als erfüllt gilt, wenn der Anleger die erforderlichen Kosteninformationen vom Emittenten oder der Depotbank erhält. Eine Ausnahme besteht nur für vermittlerspezifische Kosten, welche in dem bereitgestellten Kosteninformationsblatt nicht aufgeführt sind, etwa ein vom Vermittler zusätzlich in Rechnung gestelltes Außenhonorar. Diese Ausnahme versteht sich eigentlich von selbst, kann aber zu Schwierigkeiten führen, wenn sie tatsächlich einschlägig sein sollte. Denn dann besteht die Gefahr, dass die von der Depotbank beziehungsweise dem Emittenten mitgeteilten Kostenwerte nicht mehr stimmen, insbesondere die Gesamtkosten höher ausfallen und sich die Auswirkungen auf die Rendite anders darstellen. Ob der Vermittler in diesem Fall eine Neuberechnung der Gesamtkosten und der Renditeauswirkungen vornehmen muss, ist eine noch offene Frage. Es sprechen jedoch gute rechtliche Gründe dafür, dies zu bejahen.

Voraussetzung für die genannte Erleichterung ist aber in jedem Fall, dass die Kosteninformationen der Depotbank beziehungsweise des Emittenten ihrerseits die gesetzlichen Vorgaben einhalten. Hierauf kann man sich jedenfalls bei Depotbanken – und damit bei offenen Investmentfonds – nahezu ausnahmslos verlassen. Denn die Depotbank ist als Wertpapierdienstleistungsunternehmen selbst unmittelbar an die Mifid II-Vorgaben gebunden. Anders kann sich dies jedoch bei AIFs und Vermögensanlagen darstellen. Hier ist keine Depotbank eingeschaltet, die Kosteninformationen werden vielmehr vom Emittenten bereitgestellt. Der Emittent unterliegt aber in der Regel nicht der Mifid II, ihn trifft also keine eigene gesetzliche Verpflichtung zur Erstellung einer Mifid II-konformen Kostenausweisung. Nach den bisherigen Erfahrungen der Verfasser sind die meisten Kosteninformationen von Emittenten zwar nicht zu beanstanden. Allerdings gilt dies eben nicht ausnahmslos. Die Gefahr, dass unzureichende Kostendaten zur Verfügung gestellt werden, ist jedenfalls höher als in der offenen Investmentwelt. Hierbei sollte auch bedacht werden, dass fehlerhafte Kostendarstellungen ein potenzielles Haftungsrisiko darstellen, etwaige Sanktionen also nicht lediglich aufsichtsrechtlicher Natur sind.

Die Ex-post-Kosteninformationspflicht besteht (nur) dann, wenn der Kunde die betreffende Anlage auf Vermittlung oder Beratung des Finanzanlagenvermittlers erworben hat und zwischen beiden im betreffenden Jahr eine laufende Geschäftsbeziehung besteht. Wann eine laufende Geschäftsbeziehung anzunehmen ist, ist rechtlich jedoch weitestgehend noch ungeklärt. Zu bejahen sein dürfte dies zumindest, wenn der Vermittler im besagten Jahr noch Folgeprovisionen (Bestandsprovisionen) erhält, also insbesondere bei offenen Investmentfonds. Die laufende Geschäftsbeziehung manifestiert sich hier gerade in den Bestandsprovisionen. Umgekehrt bestehen ebenfalls keine nennenswerten Zweifel, dass eine laufende Geschäftsbeziehung zu verneinen ist, wenn der Vermittler dem Anleger nur diese eine Anlage vermittelt hat und er hierfür keine Bestandsprovision erhält. Beschränkt sich der Geschäftskontakt z.B. auf die einmalige Zeichnung eines geschlossenen Fonds, für welche der Vermittler lediglich eine Abschlussprovision erhält, besteht also keine Ex-post-Kosteninformationspflicht.

Offen bleibt hingegen der hauptsächlich für geschlossene Fonds relevante Fall, dass der Vermittler für die Anlage zwar keine Bestandsprovisionen erhält, der Anleger über ihn aber im betroffenen Jahr weitere Anlagen erworben hat. Zu dieser Konstellation haben sich bislang weder die BaFin noch die Europäische Aufsichtsbehörde ESMA positioniert, obwohl das Problem dort bekannt ist. Da die gewichtigeren rechtlichen Gründe gegen eine dauerhafte Geschäftsbeziehung sprechen, wird man als Vermittler bis zu einer endgültigen Klärung durchaus Mut zur Lücke haben und auf eine ex-post-Kosteninformation verzichten können. Dies entspricht bislang auch der überwiegenden Praxis im bereits seit dem 03.01.2018 Mifid II-regulierten Wertpapierdienstleistungsbereich, ohne dass entsprechende Beanstandungen seitens der BaFin bekannt wären.

Nein, bei Altanlagen müssen keine Ex-post-Kostenformationen erteilt werden. Dies ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der FinVermV oder der Delegierten EU-Verordnung – aber aus allgemeinen Auslegungsregeln.  Denn insoweit gilt der Grundsatz, dass sich sowohl die Voraussetzungen als auch die Rechtsfolgen einer Gesetzesnorm auf den Zeitraum ihrer Geltung beschränken. Eine Rückwirkung kommt hingegen nur in Betracht, wenn eine dahingehende Absicht des Normgebers erkennbar ist. Für eine solche Absicht finden sich bei den Kosteninformationen indes keine Anhaltspunkte. Dies bedeutet, dass alle Voraussetzungen nach Inkrafttreten der novellierten FinVermV erfüllt sein müssen, um die Ex-post-Kosteninformationspflicht auszulösen. Zu diesen Voraussetzungen zählt aber neben dem Vorliegen einer laufenden Geschäftsbeziehung, dass die Anlage auf Vermittlung oder Beratung des Finanzanlagenvermittlers erworben wurde. Da dies aber vor Geltung der neuen Vorschriften erfolgt ist, bestehen keine Ex-post-Kosteninformationspflichten.

FINVERMV

Arbeit mit dem Zielmarkt nach der neuen FinVermV

Mit der Mifid II wurde unter dem Schlagwort Product Governance ein völlig neues Instrument zur Vertriebssteuerung eingeführt. Für jedes Finanzinstrument muss in einem internen Produktfreigabeverfahren ein Zielmarkt festgelegt werden. Wertpapierdienstleistungsunternehmen mit KWG-Zulassung haben beim Vertrieb nicht nur die Zielmarktvorgaben zu beachten. Sie müssen vielmehr die vom Emittenten bereitgestellte Zielmarktdefinition kritisch überprüfen und gegebenenfalls abändern oder verfeinern. Zudem trifft sie eine fortlaufende Überwachungspflicht, ob das Produkt weiterhin im Einklang mit dem ursprünglich festgelegten Zielmarkt steht und diesen auch tatsächlich erreicht. Um dies zu gewährleisten, bedarf es eines regelmäßigen Informationsaustausches zwischen Emittent und Wertpapierdienstleistungsunternehmen.

Für Finanzanlagenvermittler werden die Product-Governance-Vorschriften allerdings nur in einer „Light-Version“ übernommen. Die novellierte FinVermV schreibt vor, dass sich der Vermittler die Zielmarktdefinition des Emittenten zu beschaffen und mit dem betroffenen Kunden abzugleichen hat. Er muss also überprüfen, ob der Kunde in den festgelegten Zielmarkt fällt. Demgegenüber besteht keine Pflicht zur Überprüfung der Zielmarktdefinition. Finanzanlagenvermittler können die Angaben des Emittenten also für bare Münze nehmen, sie müssen diese nicht hinterfragen und bei etwaigen Fehlern anpassen. Dies gilt jedenfalls aufsichtsrechtlich. Ganz unkritisch sollten die Angaben dennoch nicht übernommen werden, da zivilrechtlich eine Plausibilitätsprüfungspflicht denkbar bleibt. Im Übrigen treffen die Finanzanlagenvermittler auch keine fortlaufenden Produktüberwachungspflichten. Eine vorhandene Zielmarktdefinition kann also ungeachtet aktueller (Markt-)Ereignisse so lange weiterhin zugrunde gelegt werden, bis der Emittent eine aktualisierte Fassung herausgibt.

Ähnlichkeit zur Geeignetheitsprüfung

Zur Product Governance hat die europäische Aufsichtsbehörde ESMA Leitlinien veröffentlicht, in denen auch die mindestens festzulegenden Zielmarktkriterien vorgegeben werden. Diese Kriterien ähneln größtenteils denen der Geeignetheitsprüfung im Rahmen der Anlageberatung. In jeder Zielmarktdefinition müssen sich daher Angaben zu den Kenntnissen und Erfahrungen, der finanziellen Verlusttragfähigkeit, zu den Anlagezielen, zum Anlagehorizont und zur Risikotoleranz (Risiko- und Renditeprofil des Produkts) eines fiktiven Zielmarktkunden finden. Als weiteres Kriterium, das zwingend anzuführen ist, nennt die ESMA die Kundenkategorie, also ob sich das Produkt an Privatanleger, professionelle Kunden oder geeignete Gegenparteien richtet. Neben diesen Mindestkriterien kann der Emittent zusätzliche Kategorien etablieren. In der Praxis wird hiervon jedoch bislang wenig Gebrauch gemacht. Bei manchen Anlagen finden sich Angaben zu besonderen Bedürfnissen des Kunden, etwa ob er grün oder ethisch investieren möchte. Teilweise wird auch die Vertriebsstrategie festgelegt (Anlageberatung, beratungsfreies Geschäft, Execution-only), die sich für das Produkt eignet.

Theoretisch gibt es zu jedem Kriterium auch einen negativen Zielmarkt, an welche Kunden die Finanzanlage auf keinen Fall vertrieben werden sollte. In der Praxis spielt dies jedoch bislang kaum eine Rolle. Lediglich bei wenigen, in der Regel hochriskanten Anlagen wie Optionsscheinen werden Angaben zum negativen Zielmarkt gemacht.

Insgesamt ist der mit Product Governance verbundene Mehraufwand überschaubar. Die bereitgestellten Zielmarktinformationen können aufgrund ihrer Schnittmenge mit den Geeignetheitskriterien bei der Anlageberatung sogar einem echten Mehrwert bieten, indem sie dem Finanzdienstleister die Auswahl eines für den Kunden passenden Produkts erleichtern.

Wird dem Kunden die Anlage im beratungsfreien Geschäft vermittelt, hat der Vermittler nur eine Angemessenheitsprüfung durchzuführen. Bei einem Execution-only-Geschäft entfällt sogar diese. In Fällen der bloßen Anlagevermittlung schuldet der Vermittler keine Geeignetheitsprüfung, er muss also nicht ermitteln, ob die Anlage den Anlagezielen, den finanziellen Verhältnissen und der Risikotoleranz des Kunden entspricht.

Es stellt sich die Frage, ob diese beratungsspezifischen Kriterien beim Zielmarktabgleich trotzdem berücksichtigt werden müssen, weil sie in der Zielmarktdefinition aufgeführt sind. Dies würde dazu führen, dass der betroffene Vermittler quasi durch die Hintertür faktisch doch zu einer Beratung verpflichtet ist. Die FinVermV sagt hierzu leider nichts. Allerdings kann Entwarnung gegeben werden: Aus den ESMA-Leitlinien ergibt sich, dass der Umfang der abzugleichenden Zielmarktkriterien abhängig ist von der Art der erbrachten Finanzdienstleistung. Die Finanzaufsicht geht demnach davon aus, dass bei einer bloßen Anlagevermittlung keine Zielmarktmerkmale abgeglichen werden müssen, die nur bei einer Anlageberatung im Rahmen der Geeignetheitsprüfung zu berücksichtigen wären.

Die novellierte FinVermV lässt es zu, dass der Finanzanlagenvermittler Finanzprodukte auch außerhalb des vordefinierten Zielmarktes vertreibt. Dies war lange Zeit so nicht geplant. Der ursprüngliche Verordnungsentwurf sah noch vor, dass „nur … innerhalb“ des bestimmten Zielmarkts vertrieben werden „darf“. Dies hätte in vielen Fällen zu nicht sachgerechten Ergebnissen geführt. Insbesondere der Portfolio-Gedanke, bei dem durch eine Streuung risikoreichere Investments durch Anlagen mit erhöhter Sicherheit ausgeglichen werden, hätte keine Berücksichtigung finden können. Schaut man sich die Zielmarktdefinitionen der Emittenten an, hätten manche, eigentlich besonders sichere Produkte, faktisch kaum vermittelt werden können. So findet sich in nahezu allen Definitionen von Rentenfonds zur finanziellen Verlusttragfähigkeit die Angabe, dass ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals einkalkuliert werden müsse. Einen Rentenfonds schließt ein Anleger aber üblicherweise gerade deshalb ab, weil er gar keine Verluste erleiden möchte, es ihm vielmehr auf ein sicheres Investment ankommt.

Erfreulicherweise hat der Verordnungsgeber sich der Kritik, insbesondere des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW, angenommen und in der endgültigen Version der FinVermV die strikte Restriktion „darf … nur … innerhalb“ gestrichen. Nunmehr hat der Finanzanlagenvermittler den Zielmarkt zwar zu berücksichtigen. Am Ende entscheidend ist aber, dass der Erwerb der Anlage den individuellen Interessen des Kunden gerecht wird. Dies darf gleichwohl nicht als Freibrief verstanden, den Zielmarkt außer Acht zu lassen. Ein Vertrieb innerhalb des Zielmarkts ist nach den rechtlichen Vorgaben als der Regelfall anzusehen, für eine Abweichung müssen also berechtigte Gründe vorliegen. Diese Gründe sollte der Finanzanlagenvermittler zu Nachweiszwecken besonders nachvollziehbar dokumentieren, zum Beispiel in der Geeignetheitserklärung.

Dieser Fall ist denkbar, weil Emittenten in der Regel nicht den Mifid-II-Vorgaben unterliegen, also nicht verpflichtet sind, eine Zielmarktdefinition zu erstellen. Rein rechtlich führt dies nicht dazu, dass dem Finanzanlagenvermittler ein Vertrieb des Produkts verboten wäre. Paragraf 16 Absatz 3a FinVermV fordert lediglich, dass er alle „zumutbaren Schritte“ muss, sich die Zielmarktdefinition zu beschaffen – nicht aber, dass die Bemühungen erfolgreich sein müssen.

Anders als bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen sieht die FinVermV in einem solchen Fall auch nicht vor, dass der Finanzanlagenvermittler eine eigene Zielmarktdefinition zu erstellen hat. Von einem Vertrieb von Produkten ohne Zielmarktdefinition ist trotzdem dringend abzuraten. Jeder seriös und professionell arbeitende Emittent sollte den Umschwung zur Mifid II mitbekommen haben und in der Lage sein, für sein Produkt einen Zielmarkt festzulegen. Emittenten, die schon an dieser nicht allzu hohen Hürde scheitern und dem Vertrieb nicht das erforderliche Handwerkszeug bereitstellen, sind mit äußerster Vorsicht zu genießen.

FINVERMV

Alles zu den Dokumentationspflichten nach der neuen FinVermV

Die Dokumentationspflichten werden mit der neuen FinVermV umgekrempelt. Wichtigste Neuerung ist die Geeignetheitserklärung, welche das bisherige Beratungsprotokoll ersetzt und bereits in aller Munde ist. Kaum Beachtung in der Diskussion findet hingegen bislang eine weitere Dokumentationspflicht, die an versteckter Stelle geregelt ist und sich auf persönliche Kundengespräche bezieht, also Beratungen oder Vermittlungen, die Face-to-Face erfolgen: Paragraf 18a Abs. 7 FinVermV, der eigentlich nur die Aufzeichnung von Telefongesprächen und sonstiger elektronischer Kommunikation regelt, erklärt unter anderem eine Vorschrift der Delegierten EU-Verordnung (Artikel 76 Abs. 9) für anwendbar, die vorschreibt, dass bei persönlichen Gesprächen bestimmte Umstände zu Ablauf und Inhalt zu dokumentieren sind. Schließlich wird der in Paragraf 22 FinVermV enthaltene Katalog an internen Aufzeichnungspflichten ergänzt. Zusätzlich müssen nunmehr auch folgende Unterlagen erstellt und für den Wirtschaftsprüfer bereitgehalten werden:

  • Interne Grundsätze zur Erkennung und Vermeidung von Interessenkonflikten
  • Sofern der Finanzanlagenvermittler Mitarbeiter beschäftigt: Interne Vergütungsgrundsätze, die ein Handeln der Mitarbeiter im bestmöglichen Interesse des Kunden gewährleisten
  • In bestimmten Fällen: Abschluss einer Rahmenvereinbarung mit dem Kunden, in der die wesentlichen Rechte und Pflichten der Parteien niedergelegt sind

Bislang liegt der Schwerpunkt auf der Dokumentation des Beratungsablaufes und der sogenannten Kundenexploration. Im Beratungsprotokoll sind Anlass und Dauer der Beratung, die erörterten Finanzanlagen, die Anlageziele sowie die persönlichen Verhältnisse des Anlegers (insbesondere Kenntnisse und Erfahrungen, finanzielle Verhältnisse, Risikobereitschaft) festzuhalten. Die darauf beruhende Anlageempfehlung des Beraters ist zwar ebenfalls im Beratungsprotokoll zu begründen. Allerdings genügt insoweit die Angabe der „wesentlichen Gründe“, so dass man sich bislang in der Regel auf eine schlagwortartige Nennung beschränken kann.

Die neue FinVermV leitet hier einen Paradigmenwechsel ein. Zukünftig liegt der Schwerpunkt eindeutig auf der Empfehlungsbegründung. In der Geeignetheitserklärung ist darzulegen, wie die Empfehlung auf die Präferenzen, Anlageziele und sonstigen Merkmale des Anlegers abgestimmt wurde. Mit anderen Worten: Es ist mit Blick auf die genannten Parameter aufzuzeigen, weshalb die Anlage für den Anleger geeignet ist. Erforderlich ist eine detailliertere und individuellere Begründung als im Beratungsprotokoll. Die schlagwortartige Nennung der wesentlichen Gründe genügt nicht mehr. Angaben zum Beratungsablauf und zum Ist-Zustand des Anlegers (Kundenexploration) sind hingegen nicht zwingender Bestandteil der Geeignetheitserklärung. Der gesamte Block zu Anlass, Dauer und Kundenexploration könnte streng genommen also entfallen.

Eine weitere Neuerung besteht darin, dass in der Geeignetheitserklärung anzugeben ist, ob die Geeignetheit der empfohlenen Anlage auch nach deren Erwerb fortlaufend überprüft werden sollte. Sofern dies zu bejahen ist, etwa bei volatilen Aktienfonds, steht der Berater aber nicht automatisch in der Pflicht, eine fortlaufende Prüfung auch durchzuführen. Dies muss er nur, wenn er dem Anleger eine fortlaufende Geeignetheitsprüfung als Extra-Dienstleistung anbietet. In diesem Fall hat der Berater dem Anleger mindestens einmal jährlich einen Eignungsbericht zukommen zu lassen.

Leider nein. Vielmehr dürfte das Gegenteil der Fall sein. Denn die Erleichterungen auf der Datenerhebungsseite bezüglich der Kundenexploration bestehen im Ergebnis nur scheinbar. Sie werden durch die Verschärfungen auf der Empfehlungsbegründungsseite faktisch aufgehoben. Es ist nämlich so, dass die Begründung auf jeden einzelnen persönlichen Umstand, der im Rahmen der Beratung zu berücksichtigen ist, eingehen muss. Sie muss also aufzeigen, inwieweit die Anlage den Anlagezielen, den Kenntnissen und Erfahrungen, der Risikobereitschaft sowie der Verlusttragfähigkeit des Anlegers gerecht wird. Dies bedeutet, dass all diese Umstände in der Geeignetheitserklärung doch wieder Erwähnung finden müssen – allerdings mit der zusätzlichen Erschwerung gegenüber dem bisherigen Beratungsprotokoll, dass zu jedem Einzelumstand auch noch eine Begründung geliefert werden muss.

Hinzu kommt für den weitaus häufigsten Praxisfall der Face-to-Face-Beratung die neu eingeführte Aufzeichnungspflicht nach Artikel 76 Abs. 9 der Delegierten EU-Verordnung. Zu den nach dieser Vorschrift zu dokumentierenden Umständen zählen Datum, Uhrzeit und Ort des Gesprächs sowie die persönlichen Angaben der Gesprächsteilnehmer. Dies entspricht im Wesentlichen den bislang schon im Beratungsprotokoll festzuhaltenden Angaben zum Beratungsverlauf gemäß Paragraf 18 Abs. 2 Nr. 2-4 FinVermV alte Fassung. Zwar handelt es sich nach neuer Rechtslage um eine interne Dokumentationspflicht, dem Anleger muss das Dokument also nicht unbedingt zur Verfügung gestellt werden. Aus Praktikabilitätsgründen empfiehlt es sich jedoch, die Angaben direkt in die Geeignetheitserklärung aufzunehmen. Zu beachten ist, dass sich die Dokumentationspflicht nicht auf Anlageberatungen beschränkt. Vielmehr gilt sie im gleichen Maße für bloße Anlagevermittlungsgespräche, für die damit erstmalig rechtlich eine (zumindest interne) Protokollpflicht statuiert wird.

Eine Rahmenvereinbarung ist immer dann abzuschließen, wenn der Finanzanlagenvermittler dem Kunden anbietet, die Geeignetheit einer erworbenen Anlage fortlaufend zu überprüfen. Die endgültige Fassung der neuen FinVermV hat die Erforderlichkeit eines Abschlusses damit auf eine spezifische Fallkonstellation beschränkt. Der ursprüngliche Referentenentwurf sah noch vor, dass es generell immer einer Rahmenvereinbarung bedarf.

Sofern eine Rahmenvereinbarung erforderlich ist, muss dort nicht viel drin stehen. Zwingend sind im Ergebnis nur Regelungen zu Art und Umfang der zu erbringenden Beratungs- oder Vermittlungsdienstleistungen, insbesondere zur Häufigkeit der fortlaufenden Geeignetheitsprüfungen. Rein rechtlich kann man das Ganze relativ schlank halten und auf die wesentlichen Merkmale der Dienstleistungen beschränken.